Muss das betreuende Elternteil sich unterhaltsrechtlich
auf Vollzeitbeschäftigung verweisen lassen?
Thema
Beschluss des OLG Koblenz vom 02.08.2017, Az.: 13 UF 121/17
Das OLG Koblenz hatte zu entscheiden, ob im Rahmen des nachehelichen Unterhaltes die Ehefrau, welche Zwillinge im Vorschulalter betreute und eine Teilzeitbeschäftigung ausübte, ihre Arbeitszeit gegebenenfalls auf das Schichtsystem und damit verbunden auf eine Vollzeitbeschäftigung erweitern muss. Das OLG Koblenz hat dies verneint.
Die Ehefrau arbeitete in einem Krankenhaus fünf Stunden täglich, von 9 bis 14 Uhr. Die Kinder wurden während dieser Zeit im Kindergarten des Krankenhauses betreut. Der Kindergarten bietet auch eine Ganztagsbetreuung an.
Aus diesem Grunde verwies der Ehemann im Prozess auf nachehelichen Unterhalt darauf, dass die Kindesmutter ihre Tätigkeit auf 80 % bzw. 100 % ausweiten muss, auch wenn damit ein Schichtsystem einhergeht. Die Betreuung der Kinder wäre auch im Schichtsystem in dem Kindergarten des Krankenhauses gewährleistet.
Relevanz
Das Oberlandesgericht Koblenz befand in seiner Entscheidung, dass es für die Kinder unzumutbar sei, ihren Tagesrhythmus einem wöchentlich zwischen Früh- und Spätschichten wechselnden Dienstplan der Mutter anzupassen. Kinder benötigen Kontinuität und feste Schlafenszeiten. Ferner könnte, wenn die Mutter im Schichtsystem tätig ist, nicht mehr die Teilnahme der Kinder an Freizeitaktivitäten, z. B. einem Schwimmkurs, gewährleistet werden.
Das OLG Koblenz stellt bei der Frage, ob eine Ausweitung der beruflichen Tätigkeit im Rahmen des nachehelichen Unterhaltes zumutbar ist, nicht auf die Bedürfnisse des betreuenden Elternteils, sondern auf die Belange der Kinder ab. Eine Ausweitung der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils führt faktisch immer dazu, dass sich der Alltag und das Leben der Kinder verändert. Hier ist zu prüfen, ob dies im Einzelfall zumutbar erscheint. Das OLG Koblenz sah dies als nicht gegeben an.
Fazit
Diese Entscheidung berührt die Frage der Erwerbsobliegenheitsverpflichtung nach der Scheidung. Grundsätzlich muss nach der rechtskräftigen Scheidung der unterhaltsberechtigte Ehegatte seine Erwerbsmöglichkeiten ausschöpfen. Im Rahmen des Betreuungsunterhaltes gemäß § 1570 BGB ist hier auch immer auf die Belange und Bedürfnisse der Kinder abzustellen.
Da im vorliegenden Fall eine Erhöhung der Wochenstunden für die Mutter damit verbunden wäre, in ein Schichtsystem zu wechseln, lehnte das OLG Koblenz eine Erweiterung der Erwerbstätigkeit ab. Wäre es möglich gewesen, die wöchentliche Arbeitszeit zu erhöhen, ohne dass eine Einführung des Schichtsystems und somit eine Veränderung für den Tagesablauf der Kinder verbunden gewesen wäre, hätte die Entscheidung durchaus anders ausfallen können. Die jeweilige Familiensituation sowie die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses
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