Welche Unterhaltsansprüche haben Studierende?
Thema
Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studenten, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt aktuell in der Regel monatlich 735 €. Wohnt das Kind noch bei seinen Eltern bzw. bei einem Elternteil, ist der Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle zu berechnen.
Die Dauer der Unterhaltszahlung richtet sich im Regelfall nach der durchschnittlichen Studiendauer. Hierbei ist zu beachten, dass die durchschnittliche Studiendauer nicht mit der Regelstudienzeit gleichzustellen ist, welche nach der staatlichen Ausbildungsförderung für das BAföG gilt. Wird die Regelstudienzeit überschritten, muss eine Einzelfallentscheidung getroffen werden, um den Besonderheiten des jeweiligen Falls Rechnung zu tragen. Eine starre Regelung, welche Überschreitung der Regelstudienzeit noch hinnehmbar ist, existiert nicht.
Während der BGH (FamRZ 2001, 757), ohne feste Zeiträume zu benennen, entschied, dass eine „maßvolle“ Überschreitung der Förderungshöchstdauer durch die Eltern hinzunehmen ist, urteilte das OLG Koblenz (Az. 9 WF 553/00), dass ein Student seinen Unterhaltsanspruch gegen die Eltern verliert, wenn er die Regelstudienzeit um ein Examenssemester überschreitet und keine Gründe dafür darlegen kann.
Relevanz
In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob der Studierende einer Nebentätigkeit nachgehen muss und ob die Eltern ein Auslandssemester finanzieren müssen. Das OLG Karlsruhe urteilte, dass Eltern mit guten Einkommensverhältnissen verpflichtet sind, weiterhin Unterhaltsleistungen zu zahlen, wenn der Student ein Auslandsstudienjahr absolviert, welches für das Studium sinnvoll ist.
Grundsätzlich sind Studenten nicht verpflichtet, neben dem Studium eine bezahlte Tätigkeit aufzunehmen. Eigeneinkünfte des Studenten sind grundsätzlich nicht anzurechnen, wenn es sich um einen gelegentlichen Studentenjob bzw. einen Nebenjob in den Semesterferien handelt.
Übt indes der Student regelmäßig einen Job (Minijob) aus, liegt keine „gelegentliche“ Tätigkeit vor und daraus erzieltes Einkommen wird auf den Unterhaltsbedarf angerechnet. Allerdings bleibt derzeit ein Betrag von mindestens 100 Euro für berufsbedingte Aufwendungen anrechnungsfrei.
Fazit
Die Berechnung des Unterhaltsanspruches sowohl der Höhe als auch der Dauer nach ist auf der einen Seite an klare Vorgaben der Rechtsprechung gebunden, stellt andererseits jedoch immer eine Einzelfallentscheidung, insbesondere bei der Dauer des Studiums, dar.
So kann sich bei Krankheit des Studierenden oder einem unterhaltsrechtlich zu billigenden Auslandsstudienjahr die Unterhaltsdauer über die Regelstudienzeit erstrecken.
Ferner muss in der Praxis auch die Frage des Zweitstudiums diskutiert werden. Nicht wenige Studenten brechen nach kurzer Zeit das erste Studium ab und beginnen ein neues. Auch hier wird den Studierenden in Abwägung der finanziellen Interessen der Eltern bei Beginn des Studiums im Einzelfall eine Orientierungsphase zugebilligt, welche ein bis zwei Semester betragen kann.
Zur Berechnung des konkreten Unterhaltsanspruches bedarf es daher immer der Berücksichtigung des Einzelfalls.
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